Auf den Spuren von Pedro Almodóvar
Gerade erst ist der neueste Film von Pedro Almodóvar in den deutschen Kinos angelaufen. In seinem melancholischen Drama „Leid und Herrlichkeit“ verrät Almódovar nicht nur viel über sich selbst, sondern greift erneut seine zentralen Motive wie sein (homo)sexuelles coming-out, den strengen Katholizismus seiner Kindheit, die signifikante Bedeutung seiner Mutter und das Leben in Madrid auf.
Wer die Selbstreflexion in „Leid und Herrlichkeit“ wie auch das gesamte filmische Werk besser verstehen und nachvollziehen möchte, kann sich auf eine Reise zu den Orten machen, an denen Pedro Almodóvar seine Kindheit verbracht hat. Der mit dem Oscar ausgezeichnete Regisseur ließ sich für die meisten seiner Filme von seiner Familie und seinen Mitbürgern inspirieren.
Die Almodóvar-Route führt durch die Region Campo de Calatrava in der Provinz Ciudad Real, deren Landschaft und Baudenkmäler auch einen Besuch neben den rein kinematografischen Aspekten lohnenswert machen. So ist eine Besonderheit des Campo de Calatrava sein vulkanischer Ursprung, wodurch eine Reihe von kleinen Seen in den Kratern der alten Vulkane entstanden sind.
Die Almodóvar-Route kann an einem Tag zurückgelegt werden, da sie nur 70 Kilometer lang ist. Pedro Almodóvar wurde in dieser Region im Landesinneren Spaniens geboren und nach eigenen Aussagen stark von „der roten Erde, den gelben Feldern, den aschgrünen Olivenhainen und den von Leben erfüllten Innenhöfen“ geprägt. Genau von diesem traditionellen Leben in den gepflasterten Straßen und den lebendigen Farben auf dieser Reise geht eine große Anziehungskraft aus.
Puertollano
Die Tour beginnt in Puertollano, in dessen Städtischem Konzertsaal die Weltvorpremiere des Almodóvar-Streifens „Volver“ am 10. März 2006 stattfand. Dort wartet auf die Besucher auch das Freilichtmuseum für Bergbau, wo durch die restaurierten Überreste der Industriearchitektur (Schächte, Galgenrahmen, Minen, Spitzen) die lokale Bergbautradition bewahrt wird.
Ein Spaziergang auf dem Paseo de San Gregorio, durch die botanischen Gärten des 19. Jahrhunderts mit malerischen Ecken wie die Casa de Baños (1850), einem alten Heilbad und dem alten Brunnenschrein Fuente Agria sowie zur gotisch-Renaissance-Kirche La Asunción runden den Besuch ab. Puertollano ist auch das Tor zum Alcudia-Tal und der Naturlandschaft der Sierra Morena.
Calzada de Calatrava
36 Kilometer entfernt liegt Calzada de Calatrava, der Geburtsort des Filmemachers. Dort wurde er am 25. September 1949 als Sohn eines Maultiertreibers geboren. Almodóvars Umgebung war traditionell geprägt, in seiner Schulzeit wurde er von Franziskaner und Salesianermönchen erzogen, bevor er 1967 nach Madrid zog, um Film zu studieren.
Bei einem Spaziergang durch die Stadt lässt sich erahnen, wie der Oscar-Preisträger seine Kindheit verbrachte. So ist sein Geburtshaus in der Calle Urbano Morales 48 wie auch das Haus seiner Großmutter in der Calle General Aguilera 7 zu besichtigen, das seine Mutter kaufte, als sie nach Calzada zurückkehrte.
Gleich hinter dem Park, der seinen Namen trägt, befindet sich die alte Klebstofffabrik Imedio, die seltsamerweise auch mit dem Kino zu tun hat. In den 30er Jahren leitete Gregorio Imedio das Kino Imedio. Da das Zelluloid durch den Gebrauch häufig brach, reparierte Gregorio die Filmrollen in der Drogerie seiner Eltern und entdeckte dabei den Kleber Imedio.
Das heutige Theater befindet sich im alten Sommerkino, wo Almodóvar von der Wand des Hauses seiner Tante aus die ersten Filme seiner Kindheit sah. Im Kulturzentrum Rafael Serrano, wo sich heute der Sitz des Kulturvereins für Filmkunst „Pedro Almodóvar Caballero“ befindet, wird in einem Saal aus dem 19. Jahrhundert alljährlich die Oscarverleihung übertragen.
In der Nähe von Calzada erheben sich die Überreste von zwei Festungen auf sich gegenüberliegenden Hügeln: das Salvatierra-Schloss maurischen Ursprungs und das Sacrosanct-Kloster-Schloss von Calatrava la Nueva. In der Gemeinde Aldea del Rey wurde diese religiös-militärische Zisterzienserstätte im 13. Jahrhundert als eines der wichtigsten Hauptquartiere des alten Militärordens von Calatrava erbaut.
Weiter führt diese Reise auf den Spuren des Künstlers ins 14 Kilometer entfernte Granátula de Calatrava. Aus der Ferne lässt sich ein Blick auf die Windmühlen werfen, die an das Land des Don Quijote von La Mancha erinnern. Almodóvar hat für "Volver" mehrere Orte in diesem Dorf ausgewählt. Sofort wird man sich an die Eröffnungsszene auf dem Friedhof erinnern können. Eines der wichtigsten Gebäude des Ortes ist der Palast der Familie Torrubia. Eine Straße führt zum Kapellenschrein von Nuestra Señora de Otero y Zuqueca aus dem 13. Jahrhundert, der sich neben einer archäologischen Ausgrabungsstätte mit Überresten aus Zeit der Iberer, Römer, Westgoten und Mauren befindet
Almagro
Die Tour endet in Almagro, einem von der Renaissance und dem Barock geprägten kunsthistorischen Ensemble, das 12 Kilometer von Granátula entfernt liegt. An der Plaza Mayor des Orts entdeckte Almodóvar eine typische Wohnung mit Innenhof, in der er einen der Schauplätze von „Volver“ ansiedelte. Sie liegt nur wenige Meter von einer anderen Wohnung entfernt, in der „Mein blühendes Geheimnis“ gedreht wurde. Eine weitere Kuriosität? Durch die Calle Federico Relimpio führt in „Volver“ ein Trauerzug. Nach dem Besuch dieser „Szenarien“ sollte man auch unbedingt den wunderschönen, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Freilichtkomödienhof und die typischen Paläste im Adelsviertel besichtigen. Der Komödienhof aus dem 17. Jahrhundert ist der einzige seiner Art, der in Spanien und ganz Europa erhalten wurde. Im Corral de las Comedias findet immer im Juli das Festival für Klassisches Theater statt, bei dem wie vor fast fünf Jahrhunderten spanische Theaterstücke aus dem Goldenen Zeitalter aufgeführt werden.
Bei einem Gang durch Almagro stößt man unweigerlich auf die Plaza Mayor, ein perfektes Beispiel für die beliebte Architektur der Mancha. Die Barockkirchen von San Agustín und San Bartolomé el Real, die gotisch-Renaissancekirche La Madre de Dios und die Renaissanceklöster La Encarnación und La Asunción de Calatrava geben Zeugnis von der unglaublich reichen Sakralkunst in Almagro. Ein weiteres Highlight stellt der Palast der Fugger aus dem 16. Jahrhundert dar.
https://www.spain.info/de/reportajes/un_viaje_de_cine_a_la_espana_de_almodovar.htm
http://www.xn--espaaescultura-tnb.es/es/rutas_culturales/ruta_almodovar.html
